einfach in Ihren Alltag integrieren
Dr. med. Stefan Pecher ist Facharzt für Chirurgie, Allgemein-, Sport- und Notfallmedizin und seit 20 Jahren der verantwortliche Teamarzt im Deutschen Skiverband. Mit richtiger Bewegung kennt er sich aus. Wir haben mit ihm über die Relevanz von Bewegung im Alltag und über das Aktivprogramm Fit4Life der Region Ochsenkopf gesprochen.
Dr. Pecher: Bewegung spielt eine ganz, ganz wichtige Rolle. Zum einen wissen wir: Menschen, die trainiert sind, die ihre Lunge, wie ich es nenne, immer wieder auslüften, die jede Woche dreimal eine Dreiviertelstunde Sport treiben, sind vom Immunsystem her deutlich besser aufgestellt, als Menschen, die diese sportlichen Betätigungen nicht machen. Auch den Kopf sollte man hin und wieder einmal freibekommen. Und aus meiner Sicht geht das natürlich am besten mit Sport. Seien es Übungen im Haus oder auch außer Haus – sporttreibend den Wald erleben, den Wald riechen und einfach die Lunge fordern und den Kopf freibekommen. Wenn ich meiner Oma früher erzählt habe, dass ich Marathon laufe, dann hat sie immer gefragt: „Wie weit ist das denn?“ und ich habe geantwortet „42 Kilometer“, da meinte sie nur darauf: „Naja.“ Wenn man heute 42 Kilometer läuft, ist es etwas Besonderes. Die Bewegung ist sehr wichtig, aber leider in unserer Gesellschaft nicht mehr so verankert, wie vor 50 oder 100 Jahren. Aber unser Körper braucht diese Bewegung und heutzutage, teilweise im Home Office arbeitend, müssen wir uns diese Bewegung manchmal auch im eigenen Haus suchen. Denn sie spielt eine enorme Rolle für das Immunsystem und die mentale Stärke, aber auch für das Gelenk- und das Herz-Kreislauf-System, zur Vorbeugung von Krebserkrankungen. Aber wir leben ja in einer modernen Welt, es gibt auf Youtube und anderen Plattformen tausende Videos mit Übungen zu zum Beispiel Bauchmuskeltraining, Koordination und Übungen, die das Kreislaufsystem stärken.
Teamarzt im Deutschen Skiverband
Gablonzer Str. 11
95686 Fichtelberg
Sportler zeichnen sich ja auch durch ihren entspannten Umgang mit Stresssituationen aus. Inwiefern hilft Sport beim Stressabbau?
Dr. Pecher: Ich weiß ja, wenn ich Sport treibe, dann habe ich einen erhöhten Dopamin- und Serotoninspiegel. Das sind Hormone, die den Stressabbau begünstigen. So kann eine Stunde im Wald joggen dabei helfen, schlechte Nachrichten oder einen stressigen Alltag besser zu verarbeiten – ich bin entspannter in mir selbst. Und das ist ein großer Vorteil des Sports.
Welchen Rat können Sie den Menschen geben, die bevorzugt von zu Hause aus arbeiten?
Dr. Pecher: Regelmäßige Zeiten für körperliches Training setzen. Ich erlebe es bei vielen Patienten, die regelmäßig im Home Office arbeiten, dass sie täglich viele Stunden am Schreibtisch sitzen und nicht vor dem Computer wegkommen. Da ist es wichtig, sich feste Zeiten für den Start und das Ende, aber auch für Pausen zu setzen. Dann kann man mal zehn Minuten Koordinationsübungen oder Übungen auf einem Wackelbrett machen oder einfach mit geschlossenen Augen durch den Raum laufen, die Umwelt ertasten, mal andere Sinne einsetzen. Wir leben oft in stressigen Zeiten und brauchen aber dennoch einen Rhythmus. Es ist ganz wichtig, den Rhythmus einzuhalten und uns eben Zeiten für Arbeiten, Entspannen und Bewegen zu definieren.
Welche konkreten Tipps haben Sie, um Bewegung in den Alltag zu integrieren?
Dr. Pecher: Ganz einfach: Sich ein Wackelbrett zu besorgen und darauf koordinative Übungen zu machen, wie auf einem Bein zu stehen. Und Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht: Liegestützen, Klimmzüge, Situps, Kniebeugen. Letztere kann ich schon morgens beim Zähneputzen machen. Wichtig ist: den eigenen Körper wieder zu erleben und wieder als Trainingsgerät zu sehen. Und dann kann man auch zu Hause viele Dinge machen für die man kein Fitnessstudio braucht.
Apropos Körper nutzen: Sie sind ja auch Initiator des Aktivprogramms Fit4Life in der Region Ochsenkopf. Was verbirgt sich dahinter?
Dr. Pecher: Das Programm Fit4Life wurde von mir und anderen Ärzten in Zusammenarbeit mit dem Dachverband Gesundes Bayern gegründet. Es beruht auf der Idee, Urlaub mit aktivem Training zu verbinden. Das läuft folgendermaßen: Es kommt ein Sportler, ich nenne es bewusst nicht Patient, er wird bei uns komplett sportmedizinisch untersucht und bekommt dann eine Fitnessuhr an die Hand und genau auf ihn abgestimmte Daten, zum Beispiel die Herzfrequenz, mit der er trainieren soll. Dann macht er eine Woche lang ein bestimmtes Training und ernährt sich nach einem bestimmten Ernährungsplan. Am Ende des Urlaubes werten wir erneut seine Werte aus und sehen, wo er sich verbessert hat, zum Beispiel anhand seiner kardiologischen, also seiner Herz-Kreislauf-Werte. Mit Hilfe dieser Ergebnisse erstellen wir dann einen Trainings- und einen Ernährungsplan für zu Hause, der ihm hilft, sich gesünder zu bewegen und zu ernähren.
Richtet sich das Programm demnach an Sportler oder auch an Menschen, die jetzt mit mehr Sport starten möchten?
Dr. Pecher: Das Programm richtet sich an Menschen in jedem Leistungsniveau. Es ist völlig egal, ob jemand Leistungssportler, Manager, Rentner oder Hausfrau ist. Das Programm ist auf jedes Leistungsniveau und jedes Alter zugeschnitten.
Und warum ist die Region Ochsenkopf so gut für ein solches Angebot geeignet?
Dr. Pecher: Wir sind von einer Bikezeitschrift als das beste und nachhaltigste Mountainbikegebiet Deutschlands ausgezeichnet worden. Das zeigt schon mal, welche Qualität an Outdoormöglichkeiten wir hier haben. Hier gibt es die Möglichkeit, in Ruhe Sport zu treiben. Wir haben große Wälder, eine sehr gute Infrastruktur, was die Sportmöglichkeiten angeht, wir können im wunderschönen Fichtelsee schwimmen, wir haben Nordic-Walking-Angebote, im Winter Skilanglauf und Alpinski oder Schneeschuhlaufen und im Sommer Mountainbiken oder Rennradfahren auf ruhigen Straßen mit wenig Verkehr. Dass man hier ohne viele Menschen und in aller Ruhe Sport treiben kann, das zeichnet unsere Region aus.