Und das nicht unbedingt wegen der Säulen, die hier zum Ortsbild gehören, meist strahlend weiß getüncht. Vielmehr haben es mir ihre Bäder im Spa der Antike angetan. Die Römer wussten einfach was guttut und haben dann auch prompt hier am Ende des Obergermanisch-Rätische Limes, der Grenze des Römischen Reiches, die passenden Quellen fürs Wohlbefinden entdeckt. So konnten sie während ihrer Eroberungen und Grenzsicherungen ganz entspannt relaxen und Kraft tanken mit warmem Schwefel und heißem Stein. Das ist inzwischen rund 2000 Jahre her und es schwefelt noch immer in Bad Gögging – und nicht nur das. Der kleine Ort zwischen Altmühltal und Hallertau bietet geradezu Gesundheit im Überfluss. Denn hier kann ich mich mit gleich drei natürlichen und anerkannten Heilmitteln verwöhnen lassen, also mit so vielen wie sonst nirgendwo in ganz Bayern. Ich frage mich nur, ob ein Wochenende ausreicht, um die ganze Vielfalt auszuprobieren. Aber zumindest ist es ein Anfang.
Der Bademantel liegt schon bereit
Also keine Zeit verschwenden und ab in den flauschigen Bademantel, der schon in meinem Hotel Dorint Marc Aurel Resort bereitliegt. Das hat etwas von Tunika der Neuzeit, in der die Gäste durch die Badelandschaft wandeln. Perfekt für die alten Römer und jetzt auch für mich.
Schnell noch ein erster Blick auf den beheizten Außenpool – 50 Meter-Bahn – endlich genug Platz zum Schwimmern und Auspowern. Jetzt erst einmal „runterkommen“, die Hektik der letzten Wochen abstreifen. Bestens dafür geeignet ist eine Massage zum Einstieg in die kleine Auszeit – aber natürlich nicht irgendeine, sondern eine Römermassage. Womit? Mit Olivenöl! Damit haben sie sich schließlich schon in der Antike massiert und eingeölt. Ein Hauch von antikem Ayurveda, das passt zum römischen Bad Gögging.
Das warme Öl entspannt. Das Hirn lässt langsam los, während Nika auf meinem Rücken herumdrückt, die schmerzenden Schultern lockert, die Kniescheibe umkreist und an meinen Zehen zieht. Die Anzahl meiner Knochen scheint sich unter ihren Händen zu verdoppeln.
Jetzt nur nicht aufhören
Doch irgendwann ist Schluss. Rund 20 Milliliter feinstes Olivenöl hat sie in mich hinein massiert. Meine Haut und ich danken es ihr.
Tunika, ach nein Bademantel, übergeworfen und ab ins Indoor-Badeparadies mit bestens temperiertem warmem Thermalpool und Saunalandschaft lesen, träumen, ins warme Wasser tauchen – kein Gedanke mehr an die langen Bahnen draußen hinter dem ganz leicht beschlagenen Panoramafenster.
Der Einstieg ins Wochenende hat schon einmal perfekt geklappt. Danke liebe Römer!
Einmal bitte alles
Das Römische Reich gibt es zwar nicht mehr, das Schwefelwasser aber ist zum Glück geblieben. Man riecht es, zumindest hin und wieder. Im Chemieunterreicht, haben wir uns beim Kapitel „Schwefel“ immer die Nase zugehalten. Hier gewöhne ich mich ganz schnell an diese leichte Schwefelnote, die sich dort, wo es aus der Erde blubbert, verbreitet. Sechs Schwefelquellen gibt es im Ort.
Wenn ich schon hier im dreifach gesunden Bad bin, dann will ich auch gleich alle Heilmittel „live“ erleben. Also ab ins Schwefelbad. Warum ausgerechnet Schwefel? Weil er guttut, dort wo es zwickt. Das warme Bad entspannt, wobei der Schwefel entzündungshemmend und schmerzstillend wirkt, das hilft auch meinem Rücken und vor allem meiner Computermaus-geplagten Schulter. Nach dem Bad nicht ich das Schwefelgemisch auf keinen Fall sofort abspülen. Wie all die Öle, Wasser und Zutaten, die ich mir hier gönne. Also rein ins wohltemperierte Bad und vorsichtig atmen. Es funktioniert – die Temperatur tut ihr Übriges dazu. Schwefel riecht dann nicht ganz so stark. Ob sie ihn überhaupt noch merke, frage ich meine Badefrau, während sie das Wasser kontrolliert. Die Antwort ist ein klares „Nein“. Und das ganz ohne Räucherstäbchen oder Duftkerzen. Also einfach in der Wanne schweben. Leichtigkeit mach sich breit, loslassen ist wieder angesagt – physisch wie psychisch und es klappt. Die Römer wussten schon, was gut ist und auch die Schwestern Bette und Kreszenz Hauber. Bereits 1910 kämpften sie dafür, dass die Gögginger Schwefelquellen als Heilquellen geschützt wurden.
Wie die Römer einst gebadet oder im Bad gesessen haben, gibt es übrigens im Römischen Museum für Kur- und Badewesen zu sehen. Das Heizsystem, dass sie für ihre Thermen erfunden haben, hätte ich gern Zuhause. Das würde mein Altbau-Bad absolut aufwerten und zum Wohlfühlort upgraden.
Und auch in Sachen Badebekleidung waren die Römer schon ziemlich weit ihrer Zeit voraus. Der Bikini stammt von ihnen und nicht aus Brasilien, wobei natürlich den Südamerikanern zugestanden werden muss, dass es ihnen gelungen ist, ihn auf ein Minimalmaß zu reduzieren. Peter Fröhlich, der gutgelaunte Gästeführer, erklärt und plaudert zwischen Exponaten und Ausgrabungen. Er nimmt mich dabei mit auf seine Reise zurück in die Römerzeit. Großartig, das verleiht auch dem anschließenden Relaxen in der Limes-Therme noch einmal eine ganz andere Bedeutung, auch wenn das Thermal-Heilwasser erst Jahrhunderte nach den Römern entdeckt wurde. Da waren die schon über alle Berge. 1976 war das, um genau zu sein. Seit den 1970er-Jahren hat Bad Gögging dadurch die größte Heilmitteldichte in ganz Bayern. Viel Angebot also für ein Wochenende.
Jetzt wird es matschig
Dem dritten Wundermittel nähere ich mich erst einmal über Land, bevor ich es an mich heranlasse. Das Moor. Ihm begegne ich auf dem Moorwanderweg, der mich direkt an die Stelle führt, an der das Moor gestochen wird. Ein kleine schwarz-braune Kante auf grüner Wiese, auch sie ist nur Tarnung - darunter liegt noch mehr Moor und wartet auf seinen Einsatz. Wie lange es reichen, beziehungsweise wann es aufgebraucht sein wird? Keine Sorge, rund 2000 Jahre wird das noch dauern, auch weil es immer wieder aufbereitet wird – Der scheinbar endlose Kreislauf des Moores. Erst wird es mit Wasser angereichert, damit man sich auch reinlegen und eintauchen kann. Dann kommt es in die Becken, Wannen, Tücher und anschließend wird es zurückgeführt, gereinigt, abgelegt und nach Jahren wiederverwendet. Mein Moorpeeling in der Limes-Therme gleich neben der Römischen Sauna ist also ökologisch mehr als vertretbar. Genauso wie das Moortreten á la Kneipp im Saunagarten der Therme. Im Storchengang stolziere ich durch das kleine Becken, eine Hand fest am Geländer. Nur ja nicht ausrutschen und hinfallen, es wäre zu schade um den weißen Bademantel. Also etwas hochraffen, und vorsichtig schreiten. Die vier Treppenstufen hinab ins Moorbecken waren schon eine Herausforderung für sich. Doch es hat geklappt, der Tritt ist fest und die Dusche anschließend eiskalt. Da ist er wieder der Herr Kneipp mit seinen Wechselbädern, nur diesmal eben mit viel Moor.
Nun trocknet das Moor
Danach das Peeling – auch mit Moor. Von Kopf bis Fuß dick eingeschmiert mit dieser erdigen Masse. Allein die Augen bleiben frei und leuchten aus dem Dunkel. Sehen Moorleichen auch so aus? Auf alle Fälle haben sie es nicht ganz so bequem wie ich. Die gekachelte Liege ist vorgewärmt, der Heizstrahler wärmt dazu auch noch von oben. Und so träume ich mich schon wieder weg, während diesmal das Moor ganz langsam trocknet und seine heilenden Substanzen an meinen Körper abgibt oder vielmehr an meine Haut. Eine Gesichtsmaske kenne ich ja und auch das Gefühl, wenn sie trocknet, aber gleich der ganze Körper. Auch das Moor wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Die Huminsäure, die es enthält, fördert dazu die Immunabwehr und – ganz wichtig – seine Kieselsäure regt Durchblutung und Stoffwechsel an – das ist gut für die Haut. Der Winter kann kommen!
Genial. Das Moor und ich, wir passen zusammen. Nach einer halben Stunde ist der Spaß vorbei – das Moor muss wieder ab. Wasser marsch!
Es fühlt sich gut an und die Haut ist seidenweich. Was die Natur alles kann!
Hier könnte ich ewig liegen
Doch da gibt es noch etwas, hier in Bad Gögging. Nicht umsonst liegt das Bad im weltweit größten Hopfenanbaugebiet, der Hallertau. Und den Hopfen, den braucht man nicht nur fürs Bier, sondern durchaus auch fürs Bad. Beruhigend wirkt er und auch optisch macht er einiges her. Im Hotel Eisvogel wird er nahezu zelebriert. Eine Wanne gefüllt mit frischem grünem Hopfen, der dick auf dem warmen Wasser schwimmt. Das sieht nicht nur wahnsinnig verlockend aus, sondern tut auch noch unheimlich gut. Also ab ins Bad und noch einmal entspannen zum (fast) krönenden Abschluss mit leiser Musik, Hopfenduft, Kerzenschein – so könnte ich ewig im Hopfenbad liegen. Wobei – aufs Ausruhen danach im himmlischen Tagesbett möchte ich auf keinen Fall verzichten.
Und dann das Bier
Das Bier, an das man sonst beim Hopfen denkt, gibt es auch als Bad – bevorzugt soll es von den Herren gebucht werden. Und im Nachbarort Abensberg – steht dazu ganz passend eine der ältesten Privatbrauereien. Ein Ausflug zum Kuchlbauer ist für mich zwischen all der Entspannung ein Muss, nicht nur wegen der größten Weißbierglassammlung – natürlich auch weltweit. Noch eine Überraschung gibt es hier: Die größte Hundertwassersammlung in Europa. Dass der österreichische Künstler extrem naturverbunden war, passt irgendwie auch zu meiner Auszeit mit Moor, Wasser, Schwefel und Hopfen.
Den gönne ich mir dann auch nach all der Tiefenentspannung noch einmal in anderer Form: Eine Massage mit Hopfenöl – mehr geht einfach nicht. Ich fühle mich, als ob ich direkt ins Traumland katapultiert werden würde. Das mit der entspannenden Wirkung des Hopfens scheint wirklich zu stimmen.
Dann noch einmal ein Bad in der Therme. Während das wohltuende Wasser aus den Massagedüsen mir ins Kreuz drückt – herrlich – eine kleine Diskussionsrunde sich durch den—Strömungskanal treiben lässt und meine Wassernachbarin minutenlang unter dem platschenden „Wasserfall“ steht, bin ich den Römern dankbar, dass sie hier zwischen Hopfen und Limes den Schwefel entdeckt und ihre Wellness-Oase gegründet haben.
Es war übrigens das größte römische Bad nördlich der Alpen, wieder eine Superlative.
Schwefel, Moor, Heilwasser und natürlich auch der Hopfen, haben mich mit den Römern versöhnt, denke ich noch, während das Wochenende zu Ende geht und ich an den Jahrtausend alten Überresten des römischen Kastells Abusina vorbei in Richtung Heimat fahre. – Langsam und ziemlich tiefenentspannt.
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