Ankommen, eintauchen, loslassen: Aller Anfang ist schwer
Hüftbreit stehen meine Beine auseinander. Schlaff baumeln die Arme am Körper. Meine Augen sind geschlossen. Unter meinen Füßen spüre ich die Erde. Kleine Wurzeln, die leicht auf meine Schuhsohlen drücken. Auf meinem Gesicht kitzelt die Sonne. Einatmen, ausatmen. Ich fühle, wie sich meine Bauchdecke gleichmäßig hebt und senkt. „Geben Sie sich die Erlaubnis, ganz da zu sein“, dringt die Stimme von Petra Porath sanft an mein Ohr. Ich bin angekommen – bei der stressfreien Mittagspause mit der Yoga-Lehrerin im schönen Kurpark Garmisch-Partenkirchen.
Szenenwechsel, zwei Stunden vorher: Ich sitze im Büro. Meine Augen wandern über einen der beiden Bildschirme. Die Finger rasen über die Tatstatur. Das E-Mail-Programm ist schon wieder abgerauscht – natürlich bevor ich die Nachricht abschicken konnte. Das Telefon klingelt. Ein wichtiger Kunde. Gleichzeitig steckt die Kollegin den Kopf durch die Tür. Sie hat eine dringende Frage. Meine Hand wandert an meinen Nacken. Er ist hart, schmerzt. Ich bin angespannt. Atme flach. Meine Konzentration leidet. Und ich kann es kaum erwarten, die „stressfreie Mittagspause“ mit Petra Porath zu erleben.
Sanft entstressen: Übungen für mehr Achtsamkeit
Mit dem Angebot richtet sich die leidenschaftliche Luna Yoga-Lehrerin an alle Menschen, die in der Mittagspause eine halbe Stunde lang entspannen wollen. Körper und Geist regenerieren. Frische Luft atmen. Mit allen Sinnen in die Natur eintauchen. Sich spüren, einfach da sein – und neue Kraft tanken.
Kann das in nur einer halben Stunde funktionieren? Ich bin skeptisch. Ehrlich gesagt, fällt es mir selbst am Wochenende schwer, loszulassen. Den Kopf frei zu bekommen. Doch um Punkt halb eins stehe ich am Treffpunkt – dem Eingang des Kurparks Garmisch-Partenkirchen, vor dem bunten Blumenbeet, das wie eine große Uhr angelegt ist.
Neugierig mustere ich die Menschen um mich herum. Sie sind genauso bunt gemischt wie die Blumenpracht vor mir: Berufstätige, Senioren, Urlauber und eine Frau im Rollstuhl. „Beim Luna Yoga im Kurpark ist jeder willkommen“, erzählt mir Petra Porath später. Denn bei der stressfreien Mittagspause geht es nicht darum, sich in komplexen Verrenkungen zu üben, sondern mit sanften Spürübungen, kraftvollen Dehnübungen und ausgleichenden Atemübungen die eigenen Batterien wieder aufzuladen. Genauso so, wie es zu einem passt. Mitgehen, nicht dagegen sein.
Wir beginnen mit einer Spürübung. Doch ich bin unkonzentriert. Meine Gedanken schweifen ab. Ich merke, wie ich das Gefühl zu der Erde unter meinen Füßen verliere, den blauen Himmel über mir nicht mehr wahrnehme. Stattdessen denke ich an das wichtige Projekt, das noch fertig werden muss. Mache mir Sorgen, dass sich die Nackenverspannung zum stechenden Kopfschmerz entwickelt. Das kann ich mir nicht leisten. Nicht heute. Da höre ich plötzlich den Klang der Glocke, die Petra Porath leicht anschlägt. Sie holt mich zurück. Ins Hier und Jetzt – in den Kurpark Garmisch-Partenkirchen. Immer wieder ertönt die Glocke auf unserem Weg durch die stressfreie Mittagspause. Damit lädt Petra Porath alle Teilnehmer ein, Innezuhalten, die Gegenwärtigkeit zu schulen. Fühlen, riechen, erleben – und sich selbst anzunehmen. Körper und Geist im Einklang.
Mit jedem Atemzug die Natur im Kurpark Garmisch-Partenkirchen genießen
Nach unserer sanften Spürübung am Treffpunkt geht es jetzt weiter – durch den duftenden Kräutergarten rüber zum Teich. Und wieder ermutigt uns Petra Porath, mit allen Sinnen in unsere Umgebung einzutauchen. Erinnert uns sanft daran, mit der Natur zu gehen – nicht dagegen. Ich konzentriere mich darauf, jeden Schritt zu spüren, gleichmäßig ein- und auszuatmen. Mein Körper ist aufgerichtet. Und ich freue mich über die Wirkung: Der Stress des Alltags gerät immer mehr in den Hintergrund. Ich beginne, die Schönheit vor mir zu sehen. Um mich herum im Kräutergarten summt und brummt und schwirrt es. Durch die alten Bäume im Kurpark blitzen der Alpspitz und das Zugspitzmassiv. Der Blick auf die Berge beruhigt mich. Zum ersten Mal nehme ich das fröhliche Vogelgezwitscher um mich herum wahr.
Wir sind an unserer nächsten Station im Kurpark angekommen und versammeln uns um den Teich. Schweigend betrachten wir unser Spiegelbild – eine Übung, um die eigene Achtsamkeit zu schulen. Für seine Umwelt und für sich selbst. Konzentration auf die Gegenwart.
„Wasser urteilt nicht. Wasser verurteilt nicht. Es spiegelt einfach nur“, höre ich die helle Stimme von Petra Porath. Stimmt, denke ich. Gleichzeitig merke ich, dass es gar nicht so einfach ist, dem eigenen Bild im Teich standzuhalten. Sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, ist eben nicht nur schön und einfach, wird mir bewusst. Doch ein Gefühl tiefer Zufriedenheit überkommt mich. So wie ich bin, das ist schon in Ordnung. Ich lasse los – und bin gleichzeitig so bei mir selbst, wie ich es schon lange nicht mehr war.
Luna Yoga: Selbst-Empathie für mehr Lebensfreude
Luna Yoga, das erfahre ich später von Petra Porath, bedeutet, den Körper auf einfühlsame Art zu erforschen, die eigenen Bedürfnisse zu erfahren und zu lernen, im eigenen Körper zuhause zu sein. „Das ist, was ich vermitteln möchte. Und was man auch am Schreibtisch für sich selbst tun kann: Sich bewusst zu machen, dass wir untrennbar mit unserem Inneren und dem Außen verbunden sind. Wenn wir das verinnerlicht haben, gehen wir mit einem Wohlwollen und einer Sorgfalt mit unserer Natur, unserer Umwelt und uns selbst um“, sagt Petra Porath.
Luna Yoga ist für Petra Porath der Weg über Selbst-Empathie und Achtsamkeit zu mehr Lebensfreude zu finden. Im Einklang mit den Elementen. Ich verstehe, was Petra Porath meint: Das Grün um mich herum, die Berge und die tief verwurzelten Bäume stehen für Erde. Die Sonne für Feuer. Ich atme die Luft, die uns umgibt. Vor mir der Teich. Und in mir das stille Wasser, das ich fühle, wenn ich mir erlaube, innezuhalten. Wir sind Teil unserer Umwelt.
„Hat noch jemand einen Wunsch?“, fragt Petra Porath. In jeder Stunde geht sie auf die Anregungen der Teilnehmer ein – deshalb läuft die „stressfreie Mittagpause“ auch nie gleich ab. Jedes Mal überlegt sich die Luna Yoga-Lehrerin andere Wege, um durch den Park zu wandeln. Der ganze Park als Kraftplatz. Wenn es kälter ist, macht sie andere Übungen als bei strahlendem Sonnenschein. „Sehr gerne gehe ich auch über den Barfußpfad. Er hilft dabei, Schritte und Atem zu koordinieren und sich selbst zu spüren“, erklärt Petra Porath.
Kraftvolle Dehnübung: der Mond- und Planetengruß
Alle Teilnehmer sind sich einig, was sie gerne machen möchten: Wir wollen die Schultern, den Nacken und Rücken entspannen. Dafür hat Petra Porath genau das Richtige: eine kraftvolle Dehnübung – den Mond- und Planetengruß. Das Schöne daran: Die Standübung können wir überall machen, spezielle Kleidung braucht es dafür nicht. Nur ein bisschen Platz, entweder draußen in der Natur oder drinnen, etwa im Büro:
Hallo Himmel
- Die Beine stehen hüftbreit auseinander, die Füße sind parallel. Der Stand ist stabil, der Körper aufgerichtet. Jetzt breiten wir die Arme auf Schulterhöhe weit seitlich aus – gehen mit dem Universum in Kontakt und spüren die Weite des Raumes.
- In einer sanften Bewegung falten wir die Hände vor dem Herz und nehmen unseren Herzschlag wahr.
- Gut geerdet und aufgerichtet, verbunden mit dem Herzen, strecken wir unsere Arme zum Himmel. Dehnen uns ganz lang weg von der Erde nach oben. Mit einem starken Rücken und leicht eingerollten Steißbein, lehnen wir uns sanft zurück – und grüßen den Himmel.
Hallo Erde
- Mit einem Einatmen richten wir uns wieder auf. Dann beugen wir die Knie ganz leicht, kommen mit langem Rumpf und ausgestreckten Armen nach vorne und unten. Die Hände finden locker rechts und links neben den Füßen einen Platz – und wir grüßen die Erde. Dabei darf der Kopf ganz entspannt einfach hängen und sanft an der Halswirbelsäule ziehen.
Hallo Mond
- Jetzt beugen wir die Knie noch etwas weiter, bis der Oberkörper auf den Oberschenkeln aufliegt. Unsere Arme breiten wir seitlich in Schulterhöhe aus, drehen die Daumen nach vorne und oben – und rollen vom Steißbein her Wirbel für Wirbel nach oben. So kommen wir achtsam und langsam wieder hoch in den Stand.
- Die Arme nehmen wir dabei einfach mit und heben sie über den Kopf, die Fingerspitzen berühren sich. So grüßen wir den Mond.
- Anschließend falten wir die Hände und gehen in eine schöne Seitbeuge – mit dem ganzen Körper formen wir eine Mondsichel. Dabei atmen wir gleichmäßig und genießen die Dehnung.
- Einatmend kommen wir wieder zur Mitte, richten uns auf und wechseln die Seite.
Hallo Sterne
- Wir kommen wieder zurück zur Mitte und richten uns auf. Wir beugen die Knie, dabei bleibt der Rücken schön lange, mit leicht eingezogenem Steißbein. Mit dem nächsten Ausatmen drehen wir den Oberkörper zur Seite, die Arme sind dabei immer noch über dem Kopf gefaltet. So grüßen wir die Stern
- In dieser Position verweilen wir einige Atemzüge. Die Beine bleiben dabei parallel und das Becken kippt leicht in der Endstellung.
- Beim nächsten Einatmen richten wir das Becken wieder auf, kommen nach vorne und wenden uns ausatmend zur anderen Seite, verweilen ein paar Atemzüge, um dort nochmal die Sterne zu grüßen.
- Beim nächsten Einatmen geht es danach zurück in die Mitte. Dort legen wir die Handrücken aneinander, und strecken die Beine. Anschließend lassen wir die Arme wieder an der Seite wieder sinken – und spüren nach: Wir halten inne und lassen die Übung auf uns wirken.
Alle Bewegungen führen wir sanft aus. Bewusst. Der Atem fließt. Alle Aufregung ist verflogen. Was bleibt ist nur der eigene Körper, die eigene Mitte. Die Übung fühlt sich gut an: Sie hat mein Becken mobilisiert, die Organe durchblutet, die Wirbelsäule gedreht. Meine Verspannungen sind verschwunden.
Genauso, wie meine Anspannung, mein Stress und meine schlechte Laune, mit der ich vor knapp 30 Minuten in den Kurpark gekommen bin. Die warme Stimme von Petra Porath, ihre positive Ausstrahlung und ihre gute Laune haben mich angesteckt. Meine Sinne sind genährt mit all den schönen Eindrücken um mich herum: Der frischen Brise Luft, der Sonne, die auf meiner Haut kitzelt, das Rauschen der alten Bäume in meinem Ohr.
Fazit: Energie, Lachen und Lebensfreude, die ansteckt
Ich fühle mich gestärkt. Entspannt – und gleichzeitig voller Tatendrang. Mit diesem Gefühl gehe ich zurück ins Büro. Vorher verabschiedetet uns Petra Porath noch – mit dem „Schulterkuss“. Bei dieser Übung ziehen wir eine Schulter nach oben, drücken einen Kuss darauf und lassen sie wieder fallen. So bedanken wir uns bei uns selbst. Das finde ich wirklich schön. Überhaupt war ich schon lange nicht mehr so gut gelaunt. „Machen Sie die Übung ruhig zwischendrin am Schreibtisch im Büro“, gibt mir Petra Porath zum Abschied mit auf den Weg. „So schenken Sie sich ein paar Sekunden und lockern gleichzeitig Ihre Muskulatur.“
Und tatsächlich ist diese Übung so einfach, dass ich sie seither immer wieder mache. Egal, wo ich gerade bin – im Sitzen, Stehen, beim Warten in der Schlange oder am Schreibtisch. Genau hier und jetzt, während ich diesen Text schreibe. Denn sie erinnert mich daran, wie wichtig es ist, sich zwischendurch eine kleine Auszeit zu nehmen. Und nicht auf Biegen und Brechen zu versuchen, Dinge zu erzwingen. „Mitgehen – nicht dagegen“, hallt die warme Stimme von Petra Porath in meinem Kopf nach. Und ich muss lächeln.
0 Kommentare
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.