1. DER STRÖMUNGSKANAL
Was soll ich mich einem Urlaubsort vorsichtig nähern, wenn ich auch gleich mitten rein springen kann? Ich stürze mich also als erstes in die Europa Therme. 19 verschiedene Becken zwischen 27 und 40 Grad Celsius hätte ich zur Auswahl, nehme mir aber auch hier als erstes das Highlight vor – den 120 Meter langen Strömungskanal. Schon das Eintauchen ins warme Nass entlockt mir einen wohligen Seufzer, trotz des warmen Wassers bekomme ich Gänsehaut. Und: Bilde ich mir das ein oder fühle ich mich wirklich etwas leichter als in anderen Warmwasser-Pools? Meine nervigen Rückenschmerzen vom vielen Sitzen spüre ich jedenfalls nicht mehr, während ich mich durch die quirligen Fluten treiben lasse. Erst geht es recht gemächlich rundum, bis zur vollen Stunde einen Gang höher geschaltet wird. Mit Ansage: Um über Wasser bleiben zu können, sollte man schwimmen können. Stimmt. Juchhu!
Stress einfach wegbaden
Was um mich herum angenehm heiß sprudelt, kann man durchaus als flüssiges Gold bezeichnen: Das Wasser enthält Sulfid-Schwefel (übrigens ohne fies zu riechen), der erwiesenermaßen auf ganz vielen Ebenen wirkt. Laut einer Studie, an der auch die Universität Würzburg beteiligt war, sinken etwa schon nach einer Woche Aufenthalt in Bad Füssing Stresskurve und Anzeichen von Burnout von 51 Prozent auf 31 Prozent. Zudem zeigte eine Untersuchung des „Instituts zur Erforschung von Behandlungsverfahren mit natürlichen Heilmitteln“: Fast 80 Prozent der Studienteilnehmer mit chronischen Schmerzen spürten nach drei Wochen wesentlich weniger davon. Einer der Gründe: Bewegung im Bad Füssinger Heilwasser schüttet körpereigene Endorphine und unter anderem den Neurotransmitter Serotonin aus. Beide werden bezeichnender Weise übrigens auch Glückshormone genannt.
Beim Fund des Thermalwassers war ebenfalls Glück im Spiel: 1938 bohrte man im kleinen Weiler Füssing (das Bad kam erst 1969 dazu) und finden statt des gewünschten Erdöls eine 56 Grad heiße Quelle! Es war die Geburtsstunde der heute erfolgreichsten Bäderregion Europas, zu der neben Bad Füssing auch Bad Griesbach und Bad Birnbach gehört. Denn schon bald schon merkten die Badenden – genau wie ich –, wie außergewöhnlich wohltuend dieses Wasser ist.
2. DIE THERME EINS
Genauso heil- und erholsam ist das Wasser in der Therme Eins, in der ich am nächsten Tag plantsche: Sie heißt deshalb so, weil ihr Wasser immer noch aus dem ersten Brunnen kommt (zwei weitere beliefern die Europa Therme und die dritte Therme des Ortes, das Johannesbad). Zwölf Thermalbecken zwischen prasselndem Grottenbad und sprudelndem Champagnerbecken gibt es hier, verteilt auf ein weitläufiges Indoor-und Outdoor-Areal samt saftig grüner Liegewiese im Thermengarten.
Herzstück: das 37 Grad warme Rundbecken mit „Schwammerl“-Springbrunnen in Retro-Optik, den es so in der Art schon seit den 1950er Jahren gibt. Hier begegne ich unverhofft ständig gluckerndem Wasser, auf den Sprudelliegen etwa oder in blubbernden Pools. Und warum wandern die Menschen dort drüben am Gestänge entlang? Ah, da sind Düsen unter Wasser. Eine Massagestraße! Ich reihe mich ein und wechsle immer, wenn der Glockenton erklingt, rund zwei Meter weiter an die nächste Station. Von unten nach oben werden so mit kräftigem Strahl meine gesamten Muskeln gelockert. Genial!
Wellness im Vierseithof
Noch entspannender wird es nur bei der Kombi-Massage von Helmut, einem niederbayerischen Original mit magischen Händen. Er ist Masseur im angeschlossenen Saunahof, einem holzvertäfelten Vierseithof aus dem Rottal, in dem sich ganz viele bayerische Hitzekammerl verstecken – und das HüttenSPA. Hier erspüren Helmuts geschulte Händen jede meiner Verspannungen und wissen sofort, dass ich viel am Computer arbeite. Das Beste kommt für mich aber zum Schluss: eine Fußreflex-Massage, die durch gezieltes Drücken meine Selbstheilungskräfte anregen soll. Noch Tage später spüre ich, wie gut mir das getan hat.
Danach erobere ich mir die Saunalandschaft. In der 80-Grad-Perchtensauna etwa hängen gruselige Masken neben mir, über dem Saunaofen baumeln in sicherer Höhe Felle von der Decke. Im Heustadel umgeben mich angenehme 40 Grad, meine Füße spüren dabei weichen Altholzboden, dazu duftet es wie an einem warmen Sommertag in den Bergen. Im Pool im Innenhof sprudelt natürlich ebenfalls Thermalwasser. Auf meiner Liege im dortigen Garten klingt das wie weißes Rauschen, das Rauschen also, das alle Frequenzen des hörbaren Bereichs umfasst und zu dem gerade Babys gerne wegdösen. Und schwupps, bin ich eingeschlafen.
3. DAS SPIEL MIT DEM GLÜCK
Dank meines Nickerchens bin ich entspannt UND abends wieder fit – für einen Besuch in der Spielbank! Und das, obwohl es gar nicht so mein Ding ist, am Roulette- oder Blackjack-Tisch zu stehen. Mein Ziel ist nämlich das Gour-Dreh-Menü, bei dem ich den Preis für herrliche vier Gänge am Glücksrad erdrehen kann. Wie beim Roulette wäre das Minimum 0 Euro, das Maximum 36 Euro. Mein Zeiger landet bei der doch recht hohen 33 … Trotzdem ist der Genuss von Edel-Suppe bis Nobel-Braten immer noch wesentlich mehr wert!
Auch diese Casino-Atmosphäre mit den geschickten Handgriffen der Croupiers und den erwartungsvoll gespannten Spielerinnen und Spielern macht das Dinner besonders. Und dann stehe ich doch am Roulette-Tisch: Zur Rechnung habe ich fünf Spiel-Jetons bekommen, mit denen ich mich ohne Geldeinsatz versuchen kann. Sollte ich gewinnen, gibt es ein kleines Geschenk. Natürlich setze ich auf meine Lieblingszahlen – und verliere. Next time!
4. DER WALD
Mein Glück kommt aber am nächsten Tag zurück – in Form von Franziska Solger-Heinz: Die Waldtherapeutin und Gesundheitspädagogin nimmt mich mit in den frisch zertifizierten Heilwald. Das ist die grüne Wand mit den hohen Wipfeln, die direkt hinter dem blumig duftenden Kurpark in den Himmel ragt. Gemeinsam spazieren wir durch ganz viel Grün. Wunderbar ruhig ist es hier, es riecht frisch und sauber, ist angenehm kühl. „Das ist das ganz besondere Schonklima des Waldes, das alle Menschen gut vertragen – im Gegensatz zum Klima am Meer zum Beispiel. Dort muss sich der Körper meist etwas anpassen und das kann auch anstrengen“, erklärt die Expertin.
Ein bis zwei Stunden geht sie mit Gästen wie mir achtsam durch den Wald und zeigt ganz einfache, aber wirksame Übungen, um runter zu kommen. „Siehst du den Weg hier“, fragt sie. „Der führt einfach nur geradeaus. Schau ihn dir mal ein paar Momente an.“ Ich stehe, ich schaue – und nehme plötzlich so viel mehr wahr als die gerade Achse. Das Zwitschern der Vögel. Die moosige Lichtung, auf die gerade ein Sonnenstrahl fällt. Das feine Grün der Blätter. Denn, auch das bemerke ich jetzt: Hier wachsen nicht nur Nadel-, sondern auch Laubbäume, was den Wald zarter, freundlicher, einladender macht.
Grünes Wohlgefühl
Etwas weiter ergeben dicke Baumstämme einen Sitzkreis. Wir nehmen Platz und Franziska empfiehlt, mir für ein, zwei Minuten bei geschlossenen Augen jeden Sinn vorzunehmen: Was höre ich? Was rieche ich? Wie fühlt sich meine Haut an? Was schmecke und rieche ich? Dann öffne ich die Augen wieder und schaue mich um. Es fühlt sich wirklich wie ein erfrischendes Bad an – ganz ohne Heilwasser. „Es ist erwiesen, dass der Wald wirkt“, erklärt mir Franziska beim Weitergehen. Es stärkt unter anderem das Immunsystem, hilft gegen Stress und Burnout, reguliert den Blutdruck, hebt die Stimmung, macht kreativer. Der Wald ist ganz offensichtlich eine natürliche Gesundheitsquelle. Alles, was man dafür tun muss, ist etwas genauer hin spüren. Genial.
5. DIE UNTERKÜNFTE
In keinem anderen Heilbad in Europa übernachten mehr Menschen als in Bad Füssing. Das mag nach vielen Menschen an einem Ort klingen – doch ist man hier, empfindet man das Städtchen überhaupt nicht als beengt. Schon allein die Weite im Kur- und im Freizeitpark ist wunderbar, dazu duftet es überall nach Blüten, blühenden Bäumen und frischem Wasser. Und: Da die meisten Gäste hier sind, um es sich gutgehen zu lassen und etwas für ihre Gesundheit zu tun, herrscht im ganzen Ort spürbare Urlaubs-Atmosphäre. Rund 450 Übernachtungsbetriebe jeglicher Art gibt es in Bad Füssing. Viele Hotels haben heute ihre eigenen Thermalpools, was die drei großen Thermen entlastet. Luxuriöse Ansprüche werden etwa im Ortner’s Resort erfüllt – mit sechs Pools, darunter dem Sky-Sole-Infinity- und dem Sky-Thermal-Whirlpool. Ein Spa mit Saunen und ein schickes Restaurant gibt es natürlich ebenfalls.
Immer weiter hinein ins Well-being
Auch der Falkenhof, hinter dessen einladenden Sprossenfassade aus Holz ich unterkomme, hat seinen eigenes Wellnessbereich: Indoor gibt es ein Salzwasserbecken, ganz oben auf der Panoramaterrasse ein weiteres Becken mit Thermalwasser und Sprudelfunktion. Mich überrascht vor allem das labyrinthartige Spa: Vorbei an den Hängesesseln mit Blick auf Farn und Bambus vor der Terrassentür entdecke ich einen Bergkristallraum, eine Sauna, eine Erlebnisdusche, noch eine Sauna – und, hoppla, sogar noch eine Salzkammer!
Dazu ist hier vom Gourmet-Frühstück bis zu den Vollholzmöbeln alles bio! Und es gibt einen wunderbaren Garten, der mich schon beim ersten Frühstück auf der Holzterrasse sehr angelacht hat. Jetzt endlich lege ich mich in eine der bereitstehenden Liegen. Ich höre Kirchenglocken, das Plätschern des kleinen Naturteichs, in dem ein paar Enten schwimmen und den sanften Wind, der die Bäume um mich herum zum Rauschen bringt. Drei Tage nach meiner Ankunft geht es mir richtig, richtig gut. Meine Muskeln sind lockerer. Und mein Geist auch. Denn ich bin da angekommen, wo ich schon viel zu lange nicht mehr war: im Hier und Jetzt.
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