Dr. Schultz im Interview
Langsam zunehmende Atemnot, Verschleimung und Husten – das sind die Hauptsymptome von COPD (chronic obstructive pulmonary disease), der dauerhaft atemwegsverengenden Lungenkrankheit. Die Bronchien werden mit der Zeit immer enger und meist nicht mehr normal weit.
In Deutschland ist jeder Vierte über 70 Jahre und jeder Achte über 40 Jahre von COPD betroffen. Weltweit ist es die dritthäufigste zum Tode führende Krankheit. Heilen kann man sie nicht, doch man kann die Beschwerden deutlich lindern und den Krankheitsverlauf aufhalten oder zumindest verlangsamen. Dr. Konrad Schultz ist medizinischer Direktor an der Klinik Bad Reichenhall und dort zudem Chefarzt der pneumologischen Abteilung. Im Interview erzählt er, wie COPD diagnostiziert wird und Betroffenen durch entsprechende Reha-Maßnahmen geholfen werden kann.
Hr. Dr. Schultz, wie finden Sie die richtige Therapie für den jeweiligen Patienten?
Dr. Konrad Schultz: Das beginnt mit der Diagnostik. Das Wichtigste ist dabei nicht irgendein ein Apparat, sondern das ausführliche Gespräch zwischen Patient und Arzt.
Bei COPD sind die ersten unabdingbaren Fragen des Arztes: „Haben Sie Atemnot? Und wenn ja, haben Sie die eher bei Belastung oder auch in Ruhe?“ und „Haben Sie lange geraucht?“. Wenn der Patient beides Mal mit „Ja“ antwortet, dann wird bei ihm die „große“ Lungenfunktionsuntersuchung durchgeführt – und dann findet man eben bei COPD in aller Regel eine Verengung der Bronchien.
Und wie sieht der klassische Therapieverlauf aus?
Dr. Konrad Schultz: Rehabilitation heißt Wiederbefähigung. Der Patient soll wieder in die Lage versetzt werden, möglichst normal leben zu können. Eine Basistherapie ist zunächst einmal die Patientenschulung: Der Patient soll zum Manager seiner eigenen Krankheit werden. Und dafür gibt es viele verschiedene Schulungskurse und Seminare. Darüber hinaus gibt es natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Therapien, die wichtig sind.
Welche wären das?
Dr. Konrad Schultz: In der Lungenheilkunde spielen zum Beispiel die Medikamente eine wichtige Rolle. Ergänzend gibt es eine Reihe psychologischer Verfahren, die eine Verbesserung bezüglich Angst und Depression bewirken sollen, die bei der Entstehung von Atemnot ebenfalls eine große Rolle spielen. Eine zentrale Bedeutung hat natürlich auch die Tabakentwöhnung: Viele Lungenerkrankungen entstehen durch das Rauchen und fast alle werden durch das Rauchen verschlechtert. Zudem spielt die Ernährung eine Rolle – und ganz wichtig die Atemtechnik. Eine extrem bedeutende Rolle spielt in der Lungenheilkunde außerdem das körperliche Training. Es gibt fast keine „Atemnotkrankheit“, bei der man die Atemnot nicht durch körperliches Training verbessern kann.
Warum ist körperliches Training in der Lungenheilkunde so wichtig?
Dr. Konrad Schultz: Wenn die Muskeln an den Beinen und Armen kräftiger werden, dann bekommt der Patient mit seiner eingeschränkten Lunge, die ich auch als Arzt meist „nicht neu“ machen kann, besser Luft. Wenn der Patient stärkere Muskeln hat und „fitter“ ist, dann wird er leichter die Treppen hochkommen, leichter im Alltag zurechtkommen und die Lebensqualität wird sich insgesamt verbessern. Und das ist ja das, was der Patient letztlich erreichen will.
Wie sieht so ein körperliches Training aus?
Dr. Konrad Schultz: Dafür gibt es hier ganz spezielle Trainingsverfahren. Die Basis sind verschiedene, jeweils auf den Patienten zugeschnittene Formen des Ausdauertrainings und ein spezielles Krafttraining. Es gibt aber auch Trainingsformen, wie das so genannte Inspirationsmuskeltraining, womit man das Zwerchfell – also den „Atemmotor“ – trainiert. Zudem gibt es Verfahren, bei denen die Muskeln direkt stimuliert werden, wie die neuromuskuläre Elektrostimulation.
Wie bereiten Sie die Patienten für den Alltag zu Hause vor?
Dr. Konrad Schultz: Alle COPD- und auch Asthma-Patienten werden bei uns bezüglich des Notfallmanagements geschult. Notfälle sind aber natürlich die Ausnahme im Krankheitsverlauf, viel häufiger sind die Probleme im Alltag. Und im Alltag sind viele Patienten mit Belastungsatemnot konfrontiert. Hiermit muss ich umgehen können und das lernen die Patienten im Rahmen der Atemphysio-, der Sport- und Bewegungstherapie. Hier werden alltagsrelevante Probleme angegangen, zum Beispiel die bei COPD sehr häufige Atemnot beim Treppensteigen. Deshalb wird eben das Treppensteigen trainiert und Atemtechniken eingeübt, die diese Tätigkeit erleichtern.